Wir bleiben immer wieder stehen. Schauen gebannt zu. Überlegen. Trauen wir uns das? Oder ist das nur was für die richtig Sportlichen? Die mit Klettererfahrung? Immer wieder schieben wir das Thema zur Seite. Vielleicht morgen. Vielleicht auch gar nicht.
Am vierten Tag fragt unsere Tochter: „Mama, machen wir das jetzt?“ Sie ist 13, drahtig, sportlich – und ziemlich überzeugt davon, dass wir das hinkriegen.
Also buchen wir. Der Nachmittagstermin an unserem letzten Urlaubstag hat noch Kapazitäten. Glück gehabt! Denn jede Gruppe hat nur maximal acht Teilnehmer.
Um die Ausrüstung müssen wir uns natürlich nicht kümmern. Helm, Klettergurt, Steigeisen und Eispickel gibt es am Treffpunkt, etwa zehn Laufminuten vom Einstieg entfernt. Hier bekommen wir auch eine Einweisung in die richtige Technik.
Eisklettern – Die wichtigsten Tipps zur Technik
✅ Beine tragen dich, nicht die Arme: Steigeisen mit den vorderen Zacken flach ins Eis schlagen, Fersen leicht unten halten. Das Gewicht bleibt auf den Beinen.
✅ Pickel sauber setzen: Eispickel über Kopf ins Eis schlagen – nicht mit Kraft, sondern gezielt. Sitzt der Pickel nicht gut? Nochmal ansetzen.


✅ Drei-Punkt-Regel: Immer drei Kontaktpunkte halten – zwei Füße, ein Pickel oder umgekehrt. Nur ein Körperteil auf einmal bewegen.
✅ Körper nah an der Wand: Bleib aufrecht, Arme möglichst gestreckt, Beine arbeiten. Nicht nach hinten lehnen.
✅ Ruhiger Rhythmus: Kick – Kick – Pickel – Pickel. Ohne Hektik, mit Kraft aus den Beinen.
✅ Zwischendurch locker lassen: Immer wieder kurze Pausen, Arme ausschütteln, Position checken, durchatmen.

Der erste Versuch an der Eiswand
Wir klettern immer zu zweit an einer Route. Einer klettert, der andere sichert. Es gibt zwei verschiedene Routen, je nachdem, wie viel man sich zutraut. Bis zu zwanzig Meter in die Höhe. Je höher man klettert, desto besser wird die Aussicht. Klar.
Die Guides sind entspannt und wir merken schnell: Hier hilft jeder jedem. Es geht nicht darum, der oder die Schnellste zu sein. Es geht darum, es zu probieren.
Ich stehe am Einstieg. Ein Pickel, dann der andere. Den Fuß ins Eis schlagen. Wieder Pickel, Fuß. Immer abwechselnd, immer wieder kontrollieren, ob alles sitzt. Die Arme merken schnell, was sie da tun. Es ist anstrengend. Und gleichzeitig macht es richtig Spaß.
Unsere Tochter klettert los, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Hochkonzentriert, Schritt für Schritt. Und sie geht tatsächlich bis ganz hoch. Ich bin beeindruckt.
Ich selbst schaffe es nicht ganz bis nach oben. Die Höhenangst packt mich irgendwann. Aber das ist egal. Weil schon der Moment, an dieser Eiswand zu hängen, zu merken, dass es klappt, ein unglaubliches Gefühl ist. Stolz und ein breites Grinsen inklusive.
Gerade in der Dämmerung bekommt das Ganze noch einmal eine ganz besondere Atmosphäre: Die Eiswand wird abends beleuchtet, das Licht bringt das gefrorene Wasser zum Funkeln. Es sieht fast magisch aus. Und macht das Klettern in dieser Kulisse noch ein Stück besonderer.



Warum sich Eisklettern in Pyhä wirklich lohnt
Nach dem Klettern setzen wir uns ans Feuer. Hände am heißen Beerensaft, die Beine spüren wir ordentlich. Neben uns die anderen, die auch gerade geklettert sind. Wir sind alle fast ein bisschen euphorisch, wenn wir uns gegenseitig von unseren Gefühlen erzählen.

Eisklettern am Tajukangas – das war eines der Highlights unseres Urlaubs in Pyhä. Nicht, weil es einfach war. Sondern weil es guttut, sich mal was zuzutrauen. Und weil es richtig Spaß macht. Probiert es aus!
Ihre Tanja Leopold
